Corona, die Krönung des Irr-Sinns (Teil 6)
Der Club of Atum
Die Motivation zum Schreiben der Artikel über die Hintergründe der Coronakrise geht auf das Jahr 2006 zurück. Durch wissenschaftliche Erkenntnisse alarmiert, hätte die deutsche Politik damals schon die Gesellschaft und Wirtschaft durch konsequenten Klima-, Natur- und Ressourcenschutz umbauen müssen. Doch anstatt sich in der selbst verordneten Energiewende zu verändern, folgte die Politik den Mechanismen des fossilen Wirtschaftsdenkens und trieb so die Übernutzung natürlicher Ressourcen weiter voran. Da ein Umdenken bis heute nicht stattfindet, muss der Umbruch von unten durch entschlossene Bürger- und Bürgerinnen erfolgen. Die Blogbeiträge sind ein Mittel dazu, dies zu unterstützen.
Im aktuellen Beitrag möchte ich über meine persönliche Motivation sprechen, die mich zu den Blogbeiträgen über Corona - der Krönung menschlichen Irrsinns - bewogen haben. Es begann 2006 mit einer Studie zum Klimawandel von Nicholas Stern, dem ehemaligen Weltbank-Chefökonom. Damals prognostizierte er, dass die volkswirtschaftlichen Schäden in Europa durch den Klimawandel so gravierend und teuer sein werden, wie die des 1. und 2. Weltkrieges zusammen. Das Thema ließ mich fortan nicht mehr los. Vor allem deshalb, da ich mich der Natur schon immer sehr verbunden fühlte. Diese geriet nun in Gefahr.
Durch die Aussage des Reports schien das Ende der fossilen Energien unausweichlich. In 2009 schrieb ich meine Diplomarbeit u.a. zum Thema des intelligenten Strom-Netzes der Zukunft, dem Smart Grid. Die Energie sollte darin smart & nachhaltig gewonnen und konsumiert werden. Da ich neben dem wissenschaftlichen, vor allem aber ein technisches Interesse an der Energie hatte, gründete ich 2011 die Firma Atum.
Angesichts des Stern-Reports war klar, dass wir Menschen schnell handeln müssen, um großen Schaden an der Natur, für uns Menschen und in der Wirtschaft abzuwenden. Meine berufliche Rolle für den Klimaschutz war klar: Wissen über Energieeffizienz und Erneuerbare Energien (EEEE) zu verbreiten, um fossile Energien zurückzudrängen. Über den Klimawandel brauchte man dabei ja nicht mehr reden...dachte ich. Da das Problem ja bekannt sei reiche es aus, Lösungen anzubieten.
Je mehr Zeit zum Handeln verstrich, desto beunruhigender empfand ich jedoch den Mangel an Bewusstsein und den fehlenden Willen der Menschen, in der Not etwas zu tun. Ich mochte meine Arbeit zwar immer sehr, jedoch wurde sie immer belastender, weil viel zu wenig getan wurde. Das Geld was ich bei Atum verdiente, wurde dadurch zum Schmerzensgeld. Von der Bundesregierung fühlte ich mich im Stich gelassen. Sie handelte entgegen jeglichem, besseren Wissens und Verantwortungsbewusstseins für ihre Bürger. Zwar trat 2011 die Bundesregierung aus der Kernenergie aus und startete das Projekt der "Energiewende", machte aber seitdem kaum Anstalten wirklich etwas überzeugend und zielorientiert zu tun.
Die Wärmewände in Gebäuden für Heizung und Warmwasser wurde trotz immensem Energie-/CO2 Einsparpotential schlichtweg vermasselt! Die Klimaziele für 2020 wurden dadurch fahrlässig aus den Augen verloren. [Blogbeitrag vom 29.03.2019] Es ist für mich ein Rätsel, dass man die im Jahr 2014 richtige Strategie "Efficiency First" heute offensichtlich verlassen hat und stattdessen den Austausch von Heizungsanlagen mit bis zu 45% der Gesamtkosten fördert. Hier wird der im Strategieansatz 2014 richtige 3-Stufen Plan für einen nachhaltigen Gebäudesektor verworfen. Man ignoriert, dass nachhaltige Heizungssysteme wie Wärmepumpen (3.Stufe der Strategie) den extrem hohen Wärmebedarf für das Heizen in ungedämmten Bestandsgebäuden nicht decken können. Den 3. Schritt vor dem 1. zu tun ist so gar nicht möglich. Das Programm wirkt deshalb für mich als eine undurchdachte, panische Reaktion auf fehlende CO2 Einsaprungen im Gebäudebereich. Auch das gerade von der Regierung verabschiedete Gebäude-Energie-Gesetz (GEG), bringt hier keine Impulse für EEEE im Gebäudebestand. Es bleibt normal, dass ein Mehrfamilienhaus in Berlin 40.000 l Erdöl für Heizung und Warmwasser pro Jahr verbraucht. Sicher bleibt damit aber auch, dass im urbanen Raum dieser enorme Energiebedarf niemals über erneuerbare Wärmeenergie gedeckt werden kann.
Auch der im GEG festgelegte, energetische Neubaustandard für Wohngebäude ist völlig unzureichend, da er nicht annähernd den Niedrigenergiestandard erreicht, den die EU vorgibt. Dadurch werden fatale Log-In Effekte erzielt die dazu führen, dass neue Gebäude innnerhalb der nächsten 20 Jahren erneut energetisch saniert werden müssen. In Deutschland haben wir nicht nur ein Willensproblem hin zur Nachhaltigkeit, sondern auch eines das als strategisch-planlos zu umschreiben ist.
Gleichzeitig stieg ähnlich wie in anderen deutschen Städten auch in Berlin die Kaltmiete für Wohnraum zwischen 2009 und 2019 um sagenhafte 90%! Die Wohnungswirtschaft mit 80% vermieteten Wohnraum in Berlin verdiente daran sehr gut. Ideale Bedingungen eigentlich, um die Gebäudebesitzer an den Kosten der Energiewende zu beteiligen. Es ist jedoch kaum etwas passiert. Deutschland feuert vielmehr einfach weiter, als gäbe es kein Morgen. Das Wort Energiewende nahme ich schon seit Jahren gar nicht mehr in den Mund. Zu „rebellisch“ erschien mir dessen Gebrauch in Gegenwart meiner Kunden und Blogleser.
Ende 2018 entschied ich mich dann aus der Not, meine Strategie zur Eindämmung des Klimawandels zu ändern. Ich wusste, dass uns Erdenbürgern die Zeit davonlief. Von nun an wollte ich die Klimakrise schonungslos beim Namen nennen. Auch gegenüber meinen Kunden. Diese Entscheidung begann damit, dass ich am 31.12.2018 einen Appell zu mehr Klimaschutz an alle Kunden und das gesamte Atum-Netzwerk schrieb. Ich bettete ein Foto von einem Spaziergang in Tasmanien ein. Dieser wunderschöne Ort in Australien, wird mir immer in Erinnerung bleiben. Zwischen Juni 2019 und März 2020 brannten dann wegen jahrelanger Trockenheit 126.000 km² Buschland in Australien nieder. Freunde aus Sydney beschrieben die Situation so wörtlich, als Armageddon.
Bei einer fairen Aufteilung des Kohlenstoffbudgets auf die Weltbevölkerung zur Einhaltung des Paris Klimaabkommen ist unser Budget aus wissenschaftlicher Sicht im Jahre 2028 verbraucht. Unverständlicherweise verhallten alarmierende Appelle an die Regierung wie der des wissenschaftlichen Klimarates 2019 (siehe PDF unten) einfach im Nichts. Aufgrund der andauernden Realitätsverweigerung zum Klimaschutz und der Ausbeutung der Ressource "Luft" ist es zutreffend, von einem deutschen Klimakolonialismus zu sprechen. Deutschland trifft nicht im entferntesten die Enscheidungen die JETZT notwendig sind, damit in den nächsten 10 Jahren 50% (!) CO2 eingespart wird.
Da völlig unzureichende Signale über Politik und Wirtschaft zu uns Bürgern gesendet wurden, musste ein starkes Signal in entgegen gesetzter Richtung von unten nach oben gesendet werden. Dies taten die Kinder und Jugendlichen von Fridays For Future (FFF). Sie organisierten ab Anfang 2019 politische Proteste, die auf die Not der Erde mit Nachdruck hinwiesen. In Chören wurde gesungen: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr [Erwachsenen] uns die Zukunft klaut.“ Den Protesten schloss ich mich ab März 2019 an. Zu dieser Demo kamen 130.000 Menschen. Im Oktober 2019 trat ich auch den Protestierenden der Extinction Rebellion bei. Hier fragten die Rebellen durch Megaphone an die demonstrierende Menge gerichtet: „What do you want?“ Die Antwort auf die rhetorische Frage lautete einstimmig: „Climate Justice!“
Spätestens seit den Klimaprotesten dient dieser Blog auch dazu, den Widerstand von unten gegen das unzureichende, politische Verantwortungsbewusstsein zu unterstützen.
Dann kam Anfang 2020 die Corona-Pandemie. Durch das Schreiben der Corona-Beiträge hier im Blog wurde mir bewusst, dass diese Krise durch den Klimawandel und der einhergehenden Umwelt- und Biodiversitätskrise verursacht wurde. Ursächlich für diese Krisen ist unser Wirtschaftsdenken. Dieses stellt eine gefährliche Ideologie dar und beruht auf einem Wohl-Stands-Glauben, dem das Wissen um die Natur und unser Mitgefühl für sie verloren gegangen ist. Durch die stete Übernutzung von natürlichen Ressourcen und Bodenschätzen und die Überschreitung anderer, natürlicher Grenzen in der Ökosphäre ist unser Wirtschaftsdenken irrational bzw. irr-sinnig. Denn durch die öko-logische Grenzüberschreitung gerät das (Über-)Leben für uns alle auf diesem Planeten in Gefahr. Das Wirtschaftsdenken trainiert uns dazu, uns als eine Art übernatürliche Kraft verstehen, die Natur zu beherrschen und zu sie zu überwinden. Doch dadurch geht der Kontakt zur Natur und damit zu uns selbst verloren. Denn wir sind Teil dieser Natur.
Kinder und Jugendliche Demonstranten scheinen dies zu begreifen. Erwachsene eher selten. Manchmal frage ich mich, warum Kinder und Jugendliche das wirtschaftliche Systemversagen verstehen und entsprechend Handeln wollen, während wir Erwachsene in Ignoranz und Lethargie verfallen. Meine Antwort heute: Je älter wir werden, desto unkritischer folgen wir den Ideologien des Wohl-Stands und geniessen die Macht des Geldes. Den Kontakt zu uns selber verlieren wir ganz offensichtlich immer mehr.
Mein Ansinnen durch die Corona-Beiträge unten ist deshalb eine radikale Abkehr von der zerstörerischen Wirtschafts-Ideologie. Meine Kritik in den Beiträgen ist als Appell zu verstehen, das System „Wirtschaft“ gesamtgesellschaftlich zu verändern. Zudem soll Atum dazu beizutragen, dass eine Kultur des Respekts in der Gesellschaft für die Natur und das Lebendige darin entsteht. In dieser Kultur ist die Natur keine „Umwelt" des Menschen mehr. Sie wird ins Zentrum des Mensch-Seins gestellt und durch die Wirtschaft nicht mehr über die Grenzen ihrer Regenerationsfähigkeit hinaus ausgebeutet. Die Wohl-Stands-Bemessung in dieser Kultur wird nicht mehr durch das Bruttosozialprodukt schöngerechnet, sondern ersetzt durch einen Index der angibt, wie wohl sich alle Menschen (Tiere) im Land tatsächlich fühlen.
(Fotos oben sind von den Klimaprotesten der Fridays For Future Bewegung in Berlin aus 2019 / B.Holtz)
Ihr
Benjamin Holtz
Die Beiträge zu "Corona-Die Krönung des Irr-Sinns (Teil 1-5)"
Teil 1: Der Irr-Sinn unseres Handelns
Teil 2: Die Bedeutung des Un-Wohl-Stands
Teil 3: SpaceX im sinn- und luftleeren Raum
Teil 4: Die Hochkunjunkur der künstlichen Intelligenz
Teil 5: Die Trumjohnaros: Untergang der letzten Kolonialherren
Kommentare
Kommentar von sylke holtz |
Dem Geschriebenen kann ich nur zustimmen.
Das "fossile Wirtschaftsdenken" ist doppeldeutig in bestem Sinne. Es stammt aus längst "vergangenen Zeiten", ist heute rückständig hoch 3.
Klimakolonialismus ist ebenfalls treffend. Mit unserem "Lebensstil" fügen wir den Menschen, insbesondere in Asien und Afrika sehr viel Leid zu: Krankheiten und Armut.
Richtig ist auch, dass die Corona Pandemie ein Spiegelbild des Lebens ist, das wir führen. Eine solche Pandemie kommt nicht "zufällig" über uns; alles hat seine Gründe, seine Auswirkungen.
Ich freue mich, dass es Bürger, Geschäftsleute, Wissenschaftler, Journalisten gibt, die das Versagen beim Namen nennen.
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