Rote Karte für Energieausweis-Erstellung
Immer häufiger werde ich auf Gebäude-Energie-Ausweise nach §18 und §19 der geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV 2016) aufmerksam, die nicht konform mit dem Gesetzestext sind. Es sind sowohl formale wie auch inhaltliche Fehler festzustellen. Die Fehler rühren daher, dass auf beiden Seiten der Dienstleistung (auftraggeber- wie auftragnehmerseitig) kaum Qualitätsansprüche bestehen. Oft geht es nur nach dem Motto, mit der Erstellung des Dokuments so schnell wie möglich so viel Geld wie möglich einzusparen, bzw. einzunehmen.
Durch die regelrechte Schwemme von Billiganbietern für die Ausweiserstellung (online wie offline) entsteht eine verzerrte Sichtweise zum notwendigen Arbeitsumfang. Eine ordnungsgemäße Erstellung der Ausweise ist zu einem Preis von 100 € schlichtweg nicht möglich. Dadurch, dass sie trotzdem zu diesen Preisen erstellt werden, treten bewusst oder unbewusst erzeugte Falschaussagen und Unterschlagungen zur Gebäude-Energieeffizienz auf.
Grundsätzlich darf z.B. nach geltendem Ordnungsrecht kein Energieausweis erstellt werden, ohne dass energetische Modernisierungsempfehlungen im Ausweis vor Ort erfasst und im Ausweis aufgeführt werden. Dadurch wird eine An- und Abfahrt inkl. Vor-Ort-Besichtigung des Gebäudes inkl. Heizungsanlage notwendig. Dies ist ein entscheidender Kosten- und Aufwandsfaktor für die Erstellung der Ausweise, der vom Ersteller nicht unterschlagen werden darf!
Dies hat folgende, rechtliche Hintergründe:
Die energetische Einschätzung der Bauteile wie Dach & Fassade, Kellerdecke, Wärmeerzeugungsanlage und technischer Gebäudeausrüstung sind verpflichtend auf dem Ausweis zu hinterlegen. So gibt die geltende Energieeinsparverordnung (EnEV 2016) in § 20 dem Energieausweissteller vor: „Der Aussteller des Energieausweises hat dem Eigentümer im Energieausweis Empfehlungen für Maßnahmen zur kosteneffizienten Verbesserung der energetischen Eigenschaften des Gebäudes (Energieeffizienz) in Form von kurz gefassten, fachlichen Hinweisen zu geben […] Die Modernisierungsempfehlungen beziehen sich auf Maßnahmen am gesamten Gebäude, an einzelnen Außenbauteilen sowie an Anlagen und Einrichtungen im Sinne dieser Verordnung.“ Weiter wird in §17 gesagt, dass Angaben dieser Art in Energieausweisen „nicht freiwillig“ sind.
Durch die Notwendigkeit von fachlichen Hinweisen kann dies nicht von jeder Person erfasst und vermittelt werden. Ohne einer für den Zweck der Einschätzung kompetenten Person kann diese Einschätzung also nicht erfolgen. Schon gar nicht, wenn man das Gebäude bzw. Heizungsanlage gar nicht gesehen hat.
Zudem kommt es gerade bei der Erstellung von Ausweisen durch Unternehmen der Energie-Abrechnung (z.B. ista) immer wieder vor, dass falsche Angaben zum Energieverbrauch gemacht werden. Die EnEV sagt dazu eindeutig, dass die End- und Primärenergie zur Erstellung von Verbrauchsausweisen (§ 19 EnEV 2016) angegeben werden muss. Meistens wird jedoch die verbrauchte Energiemenge vom "Fachpersonal" nicht am Gaszähler, sondern an den Wärmemengenzählern abgelesen. Dies wird in der Fachsprache auch als Nutzenergie bezeichnet. Dies führt deshalb zu falschen Ergebnissen, da die Nutzenergie den Verlust nach der Heizungsanlage misst.
Der Verlust des Wärmeerzeugers wird also einfach unterschlagen. Das Gebäude wird zu gut auf dem Ausweis dargestellt. Sollte der Wärmeerzeuger dann auch noch 30 Jahre und älter sein, darf er nach EnEV 2016 gar nicht mehr in Betrieb sein. Auch diese Erkenntnis muss im Ausweis hinterlegt werden.
Der Mieter oder Käufer des Gebäudes wird aufgrund des falschen Ausweises getäuscht. In der Folge kann es bei Vermietung und Verkauf der Liegenschaften zu Problemen kommen, wenn ein falscher Energie-Kennwert ausgestellt wurde. Ansprüche auf Schadenersatz aufgrund von fahrlässiger Täuschung ("das Gebäude ist gar nicht so gut wie dargestellt!") und wirtschaftlichen Folgeschäden ("es sind deutlich höhere Energiekosten zu bezahlen") sind nicht auszuschließen.
Der Energieausweis ist nicht nur wegen seiner Aussage zu Gebäude-Nebenkosten wichtig. Die Angaben zur Energieeffizienz inkl. den dargestellten Sanierungsmaßnahmen sind wie gehört unverzcihtbar, da die Angaben Indizien für das Sanierungspotential eines Gebäudes darstellen. Letzten Endes gibt der Ausweis ein Benchmark zu anderen Gebäuden vor, der auch zu einem Handlungsdruck für Gebäude "im roten Bereich" bei (Ver-)Mietern und (Ver-)Käufern führt. Es ist folglich auch ein wichtiges Sensibilisierungstool für Nachhaltigkeit, um unsere Klimaziele in Deutschland vielleicht doch noch erreichen zu können.
Dieses Ziel zur Erhaltung des Lebens auf dem Planeten sollte nicht durch kurzfristige, egoistische Handlungsweisen noch weiter in Gefahr geraten. Deshalb bemühen wir uns darum, den Ist Zustand eines Gebäudes realistisch darzustellen und durch passende Sanierungsmaßnahmen Einsparpotentiale darzustellen.
Ihr
Benjamin Holtz
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