Ein Neujahrsgruß für 2015
Wir freuen uns, dass wir in einem Fernsehbeitrag in Taiwan u.a. auch zum Thema energieeffiziente Gebäude mitwirken durften. Dieser wurde im taiwanesichen Fernsehen gezeigt und ist hier in Minute 37.00 zumindest in Bild für Sie nachzuvollziehen.
Zum Ende des Jahres 2014 wurde durch einen Artikel des Spiegels völlig zuunrecht Bürger zu den Gefahren von Fassadendämmung aufgeschreckt. In einem Blogartikel wurde von mir zur stümperhaften Berichterstattung zum Thema an anderer Stelle bereits ausführlich Stellung genommen.
Energieberater Arne Kruft hat im Fachmagazin Gebäudeenergieberater einen Leserbrief geschrieben, den ich in der Folge veröffentlichen möchte. Die Stellungnahme enttarnt den Spiegel-Artikel als sehr unsachlich geschrieben und schlecht recherchiert:
"Leider habe ich noch nie einen so schlecht recherchierten Artikel im SPIEGEL gelesen, über einen Bereich, in dem ich mich sehr gut auskenne. […] Der Artikel wendet sich an Dämmung der Fassaden im Allgemeinen und bespricht die Dämmung mit einem Wärmedämmverbundsystem (WDVS) aus Polystyrol, einer der problematischsten aller Dämmstoffe für Fassaden. (Als politische Verbindung, die hinter dem „Dämmwahn‘‘ steht, werden Herr Kahrs und Rockwool aufgezeigt. Rockwool stellt übrigens hauptsächlich Mineralwolle und nicht Polystyrol her …). Es gibt Dämmplatten aus Mineralwolle, Holzfasern, Mineralschaum, Hanf etc. Mineralwolle hat einen Marktanteil von ca. 60 % an den Dämmstoffen. Es gibt neben dem WDVS auch hinterlüftete Fassaden, Kerndämmungen oder Innendämmungen. WDVS mit Polystyroldämmung sind meiner Meinung nach billig, die letzte Alternative von allen infrage kommenden Dämmstoffen, aber immer noch besser als nicht zu dämmen. Die genannten Probleme kommen vereinzelt vor und beruhen hauptsächlich auf mangelnder Planung und Ausführung. Das wurde auch von den meisten genannten Beteiligten erkannt, weshalb die KfW z. B. seit ca. einem Jahr als Fördervoraussetzung eine Qualitätskontrolle und Begleitung der Maßnahmen durch einen Sachkundigen vorschreibt. Der Verweis darauf, dass sich die Dämmung nicht rechne, ist eine unreflektierte Wiedergabe von Vorurteilen; auch dass man bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung von einer theoretischen Bedarfsgröße ausgeht --- dies ist nur bei der Erstellung eines Energieausweises der Fall. Bei einer ordentlichen Beratung z. B. nach den Richtlinien des BAFA müssen reale Zustände, wie der Verbrauch vor der Sanierung, berücksichtigt werden. Bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung spielen, wie Sie ja erkannt haben, die Preissteigerungsraten eine untergeordnete Rolle. Der wesentliche Faktor ist der Erhaltungszustand der Fassade und die sowieso notwendigen Kosten, wie das IWU in seinem Bericht zur Wirtschaftlichkeit der Erhöhung der Dämmstandards in der Energiesparverordnung 2013 wissenschaftlich belegt hat. Das IWU ist übrigens eine gute Quelle für Informationen in unserem Bereich, die unter Fachleuten den Ruf hat, noch relativ neutral zu arbeiten. Ich habe selber viele Gebäude berechnet und teilweise auch nachgemessen: Die Wirtschaftlichkeit von durchgeführten Fassadendämmungen lag dabei bei einer Amortisationszeit von ca. 12---25 Jahren (ca. 20 Jahre i. M.) und die Rendite der Maßnahmen bei ca. 5---12 %. Ich lege bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für die Energiepreise ein 3- oder 5-jähriges Mittel zugrunde, ohne Ansatz temporärer Schwankungen. Langfristig ist es meiner Meinung nach nur eine Frage der Zeit, bis die Nachfrage nach fossilen Energien das Angebot übersteigt. Die Fassadendämmung ist eine langfristige Maßnahme. Es gibt übrigens tatsächlich einen Effekt, der sich negativ auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt (den Sie aber als einzig anerkannten nicht in ihrem Artikel nennen): der „Rebound-Effekt‘‘, der damit zu tun hat, dass gedämmte Gebäude besser beheizbar sind und auch höher beheizt werden, was sich negativ auf die Einsparung auswirkt. Dafür steigt aber auch der Komfort. Die ungedämmte Fassade ist i. d. R. der größte Energieverbraucher am Wohngebäude mit 25---35 % und damit der Bereich mit dem i. d. R. größten Einsparpotenzial. Die Energiewende hat als Hauptanforderung den Wärmeverbrauch zu reduzieren, nicht den Stromverbrauch. Ohne die Dämmung der Fassaden lassen sich die Klimaschutzziele nicht verwirklichen. Die Fassadendämmung erhöht den thermischen Komfort und reduziert i.d.R. das Schimmelpilzrisiko. Die Dämmung der Fassaden mit Dämmplatten wird mit „luftdicht verpackten Gebäuden‘‘ gleichgestellt. Tatsächlich ist die Wirkung der Fassadendämmung in Bezug auf die Dichtigkeit des Gebäudes irrelevant. Die Dichtigkeit entsteht durch die Dachabdichtung hauptsächlich durch die Dachabdichtung innen und durch den Fenstereinbau (Dichtungslippen, Fuge Fenster-Mauerwerk).
Schlechte Belichtung nach Dämmung: Planungsfehler, die Fenster sollten in der Einbaulage nach außen verschoben werden; bei extremen Dämmstärken schrägt man auch die Leibung an, was aber Geschmacksfrage ist. Ein guter Architekt wird es in den meisten Fällen schaffen, die Optik des Gebäudes u. A. durch die Fassadensanierung zu verbessern. Darüber hinaus gibt GEB 01 2015 es auch noch die Möglichkeit, Fassaden z. B. von innen zu dämmen.
Die 10 % Regel der Nachrüstverpflichtung wurde durch zwei rechtlich bindende Kommentierungen des DiBt so weit entschärft, dass diese nur noch auf Einzelfälle zutrifft. Außerdem steht in §5 EnEG, dass Maßnahmen nur durchzuführen sind, die sich innerhalb der Lebensdauer der Maßnahme rechnen. Kennen Sie einen Fall, bei denen bereits Bußgelder verhangen worden sind?! Die Brandproblematik bezieht sich wieder auf Polystyrol als Dämmstoff. In den meisten Bundesländern sind übrigens Brandschürzen z. B. aus Mineralwolle schon lange vorgeschrieben.
Die Mieterhöhung in Bezug auf die Außenwanddämmung ist auf die 11%ige Modernisierungsumlage beschränkt. I. d. R. werden von den Kosten der Dämmung aber Instandsetzungskosten, oft die Hälfte abgezogen. Wenn die Bewohner nachweisen können, dass die Dämmung keine Wirkung hat, ist es keine Modernisierung und nicht umlagefähig. Um das nachzuweisen, müsste eine witterungs- und belegungsbereinigte Messung durchgeführt werden. Ein Fall, bei dem dies wissenschaftlich begründbar nachgewiesen worden wäre, ist mir nicht bekannt. Generell sollte Sie vielleicht einmal recherchieren, welche beiden Professoren fast ausschließlich für die kritischen Berichte
über die Fassadendämmung verantwortlich sind und auf welcher Lohnliste diese stehen. Oder sich einmal die Studie
(Wohnanlage Hannover-Tollenbrink) besorgen, die die fehlende Wirkung der Dämmung beweisen soll, auf die immer wieder verwiesen wird und die inzwischen offiziell widerlegt wurde, nachdem zugegeben wurde, dass ein Messfehler vorlag… aber das macht vielleicht nicht so viel Auflage?! Die größte Gefahr für die Akzeptanz der Energiewende stellt nicht die Fassadendämmung dar, sondern Artikel, wie Ihrer! Ich bin schwer enttäuscht vom Spiegel."
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